In einer Vitrine der diesjährigen BIXL fielen ein paar zierliche Bixl auf, die -scheinbar transparent bemalt- wie Kathedralglas wirkten, fast wie gotische Rosettenfenster. Daneben stand noch ein elegant verziertes, in opak weiß und schwarz gearbeitetes Bixl. Diesen, bisher noch nie gesehenen Techniken galt es nachzugehen und unser Sammlerfreund Karl Bock wußte schon mehr: Die drei "Kathedralfenster" sind in der sog. Filacello-Technik gearbeitet, das schwarz/weiße Bixl in der Dot-Stack-Technik.
Linkes Glas in Dot Stack, die drei rechts davon in Filacello-Technik, soweit, so gut. Nur weil etwas einen Namen hat, weißt du noch nicht, wie's funktioniert! Also Vorort-Recherche.
Gabriel Felix (Felix ist der Familienname!) hat Glasbläserei/Apparatebau an der Glasfachschule Zwiesel gelernt, sich aber danach vor allem künstlerisch spezialisiert und dabei auch figürlich gearbeitet. Seit einigen Jahren besitzt er in Waging zusammen mit einem Kompagnon ein eigenes Glasstudio und fertigt vor allem Schmuckanhänger und figürliche Kunstwerke aus Glas. Die Galerie der beiden Glaskünstler ist ein wahrer Ort des Staunens. Gestalterischer Ideenreichtum und Qualität der Ausführung begeistern! Bei meinem ersten Besuch in Waging führte uns Felix gleich einmal seine Dot-Stack-Technik vor, hier die Bilder mit dem Versuch der laienhaften Wiedergabe des Gesehenen.
Arbeitsbeginn: Was dem Glasmacher Pfeife und Kölbl ist, macht sich der Glasbläser als einheitliches Trägerglas mit Einblasrohr selbst.
Vom weißen Opakglasstick (links) wird die erste Punktreihe (Dots) aufgetragen und mit der Flamme aufgeschmolzen.
Auf die weißen unteren Dots setzt der Glasbläser nun rote Dots, die ebenfalls sofort eingeschmolzen werden.
Zwischendurch muss die glühende Masse immer wieder aufgeblasen werden, damit eine glatte Oberfläche entsteht, auf der weitergearbeitet werden kann.
Es folgt wieder eine weiße Dotreihe, die genau zwischen die Lücken der vorherige Reihe gesetzt wird. Präzision ist alles; ein falscher Klecks und das Werk ist "für die Tonne".
Das Natrium der Glasmischung muss raus und wird abgebrannt (gelbe Flamme!). Mit seiner getönten Schutzbrille bleibt dem Glasbläser die Sicht auf die feinen Werkstrukturen trotz des Glühens erhalten.
Hier ist der Anhänger schon kurz vor seiner Vollendung. Es ist jetzt gestalterische Entscheidung, ob das Zentrum (als Klarglas) offen bleibt oder zusammengezogen wird, wodurch die letzte (innere) Dotreihe verzogen wird.
Alles wird noch einmal glatt geschmolzen und letztmalig kurz aufgeblasen.
Da sich Gabriel Felix entschieden hat, den Nabel komplett zu schließen, setzt er von der linken Seite einen Kristallglasstab an, um die Masse leicht herauszuziehen, wodurch das Zentrum verschlossen wird.
Fertig! Jetzt nur noch das Trägerglas lösen und hinten verschmelzen, dann kommt das gute Stück in den Temperofen, denn auch Lampenglas unterschiedlicher Zusammensetzung muss behutsam abkühlen.
Ganz zum Schluss erhalten die Anhänger noch eine Glasöse. Der hier in der Entstehung gezeigte Anhänger ähnelt dem blauen Anhänger in der Mitte unten - ein Stück ist schöner als das andere.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner laienhaften Beschreibung eine Vorstellung davon gegeben zu haben, wieviele hochpräzise Arbeitsschritte erforderlich sind, um so ein Kunstwerk zu erschaffen. Ein Besuch in Waging ist jedenfalls mehr als lohnend!
Bei nächster Gelegenheit werde ich noch die Filacello-Technik vorstellen. Mein Dank gilt Gabriel Felix, der mir bereitwillig eine Exklusivvorführung gab und mich fotografieren ließ.
Holger Freese, im April 2024
Nachtrag vom 13.04.2024
Den in der Reportage von voriger Woche entstandenen Anhänger habe ich natürlich erstanden und heute per Post erhalten. Außerdem ein niedliches Krabbeltier in gleicher Technik - Arachnophobikers Nightmare! Alles sehr cool anzuschauen.
Kontaktdaten:
Glasatelier Schimmer
Michael Murner und Gabriel Felix
Bahnhofstraße 4
83329 Waging am See
Tel.: 08681/4780460
Öffnungszeiten:
Freitag von 9 - 18 Uhr, Samstag von 9 - 13 Uhr
oder auf Absprache
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